von Nadine Klose
55 aktive Wehrleute, zwischen 20 und 25 Kinder bei der Jugendfeuerwehr, acht Fahrzeuge und zwei Boote sowie ein hohes Gefahrenpotenzial bei 10.000 Einwohnern zwischen Rhein und B9. Bei der Freiwilligen Feuerwehr in Römerberg gibt es viel zu tun. Andreas Leibig, Sabrina Beitler und Martin Strehl stehen seit Kurzem an der Spitze und wollen die Wehr in die Zukunft führen.
Römerberg. „Wir wollen Altbewährtes mit neuem Design“, fasst Andreas Leibig sein Führungsmotto zusammen. Der 51-Jährige stand zehn Jahre als stellvertretender Wehrführer neben Werner Huber an der Spitze der Römerberger Feuerwehr. Huber zog sich Anfang Dezember aus Altersgründen aus der ersten Reihe zurück und hinterlässt laut seinen Kameraden „ein gut bestelltes Feld“. Dennoch: Die Anforderungen an die Freiwillige Feuerwehr steigen. „Wir haben in Römerberg zu Land, in der Luft und auf dem Wasser ein hohes Gefahrenpotenzial. Ich habe mich daher im Vorfeld der Wahlen für ein dreiköpfiges Wehrführer-Team ausgesprochen, um die Last auf mehreren Schultern zu verteilen“, erklärt Leibig. Die Verbandsgemeindeverwaltung stimmte zu, nach der Wahl einen Ehrenbeamten mehr als zuvor zu bestellen.
Die Römerberger Kameraden nahmen den Vorschlag an und wählten Leibig zum Wehrführer sowie Martin Strehl und Sabrina Beitler zu dessen Stellvertretern. Beitler kümmert sich seit knapp einem Monat um das Personal, Strehl widmet sich der Technik. Und da gibt es viel zu tun. „Die Feuerwehr ist wie eine kleine Firma mit 55 Mitarbeitern vom Azubi bis zum Doktor der Chemie“, beschreibt der neue Wehrführer Andreas Leibig seine Truppe und fügt hinzu, dass er und seine Kollegen die verschiedenen Fähigkeiten der Kameraden „unter einen Hut bringen müssen“.
„Mein Vater hatte
Angst um mich“Sabrina Beitler ist eine gute Arbeitsatmosphäre wichtig. Sie legt großen Wert auf eine fundierte Ausbildung und begründet das mit einem Zwischenfall, der ihr vor ein paar Jahren im Einsatz passiert ist: Beitler wurde mit jungen Kameraden zu einer Ölspur auf der B9 alarmiert. An der Einsatzstelle habe sich jedoch herausgestellt, dass eine Person aus einem Fahrzeuge befreit werden muss. Die junge Feuerwehrfrau griff zur hydraulischen Rettungsschere und verätzte sich beide Hände. „Ich hatte Glück, dass nicht mehr passiert ist. Die Schere wird mit einem Ölkompressor mit bis zu 750 Bar angetrieben“, berichtet Sabrina Beitler und deutet damit eine Gefahr für die Wehrleute im Einsatz mit solchen Geräten an.
Sie kam als junges Mädchen zur Feuerwehr. „Ich habe alle möglichen Sportarten ausprobiert und sogar Ballett gemacht, aber bei der Feuerwehr hat es mir wegen der Kameradschaft und der Technik am besten gefallen“, sagt die Römerbergerin. Ihr Hobby hat sie ihren Eltern erst verheimlicht. „Mein Vater hatte Angst um mich. Deswegen habe ich mich nachts immer zum Einsatz rausgeschlichen, um ihn nicht zu beunruhigen“, sagt Beitler und lacht. Heute wissen ihre Eltern natürlich über die Leidenschaft ihrer Tochter Bescheid.
Denn der 33-Jährigen wird seit ihrer Wahl das Attribut zugeschrieben, dass sie die erste Frau in einer Führungsposition bei einer Feuerwehr im Rhein-Pfalz-Kreis ist. Beitler macht sich daraus nichts: „Das Geschlecht spielt bei uns keine Rolle. Frauen sind schon immer akzeptiert“, sagt sie. Und Martin Strehl kommentiert lachend: „Wir haben noch nie eine Gleichstellungsbeauftragte gebraucht.“ Frauen sind bei der Wehr in Römerberg keine Seltenheit: Andreas Leibig verweist auf Kameradinnen wie Sabrina Grüner und Lisa Ball, die vor vielen Jahren die ersten Frauen mit Lkw-Führerschein waren. Der Wehrführer schätzt die Arbeit mit den weiblichen Kameradinnen: „Sie sind bei der Ausbildung und im Innenangriff ruhiger, sehen mehr, beobachten. Männer sind eher testosteron-gesteuert“, sagt er und lacht.
Beitlers ruhige und einfühlsame Art wird im Einsatz sogar speziell gefragt: Wenn zum Beispiel, wie zuletzt, eine ältere Dame mit der Drehleiter in großer Höhe für einen Krankentransport aus einem Haus geholt werden muss, hängt Beitler neben der Trage und beruhigt die Patientin. „Per Funk kommt auf der Anfahrt zu solchen Einsätzen die Frage: Ist die Kollegin Beitler dabei? Das zeigt, welch’ großes Vertrauen die Kameraden in ihre Kollegin haben“, lobt Leibig.
Beitler ist gewohnt, in unübersichtlichen Situationen die Ruhe zu bewahren. Sie arbeitet hauptberuflich als pflegerische Leiterin der zentralen Notaufnahme am Diakonissenstiftungs-Krankenhaus in Speyer.
Wehrleute sind
freiwillig aktiv Beitlers Führungskollegen verdienen ihr Einkommen bei großen Firmen in der Region: Leibig arbeitet beim Speyerer Chemieunternehmen Haltermann Carless als Chemikant und ist dort noch nebenberuflich bei der Werkfeuerwehr aktiv; Martin Strehl ist beim Landtechnikhersteller John Deere im Vertrieb beschäftigt.
Der 35-Jährige hat sich bei der Wehr in Römerberg in der Vergangenheit vor allem für die Container-Lösung stark gemacht. Neben dem Gerätehaus in Mechtersheim stehen seit eineinhalb Jahren vier Container, in denen sich die Wehrleute umziehen. Dadurch können gesetzliche Vorgaben eingehalten werden, die der Sicherheit und der Gesundheit der Kameraden dienen, bis das neue Feuerwehrgerätehaus am Ortseingang gebaut ist. Strehl will als stellvertretender Wehrführer den geplanten Neubau eng begleiten und außerdem darauf achten, dass Fahrzeuge und Boote auf dem erforderlichen technischen Stand sind. „Mir ist wichtig, dass wir in unserem Hobby, bei dem wir in manchen Fällen unser Leben riskieren, so gut wie möglich anderen Menschen helfen können“, sagt er.
Dabei geht es auch um die Zusammenarbeit mit anderen Wehren. Andreas Leibig möchte vermehrt mit den zwei weiteren Feuerwehr-Einheiten in der Verbandsgemeinde üben und forciert auch Übungen mit den Wehren aus dem benachbarten Speyer, Schwegenheim und Lingenfeld. Ihm liegt ebenso am Herzen, dass die Kameraden gut ausgebildet sind. Denn den Wehrleuten begegnen immer vielfältigere Einsatz-Szenarien: Leibig nennt als Beispiele Fahrzeuge, die immer komplexer werden, und E-Autos.
Der Wehrführer ist auf Kreis-Ebene auch als Ausbilder unterwegs und hat dadurch Einblick in verschiedene Feuerwehren. Er schaut gerne über den Tellerrand und nimmt Ideen mit. Sein Ziel: „Wir haben eine gute Ausbildung, aber wir möchten sie moderner gestalten. Junge Leute wollen sich heute nicht mehr nur eine Powerpoint-Präsentation vorlesen lassen und Theorie durchsprechen, sondern sie wollen Einsätze interaktiv durchspielen und mitwirken. Da müssen wir mit der Zeit gehen“, ist der 51-Jährige überzeugt und deutet damit an, wie er sein Führungsmotto „Altbewährtes mit neuem Design“ in Römerberg umsetzen möchte.
Termin & Kontakt
Wer sich für die Freiwillige Feuerwehr Römerberg interessiert und mitmachen möchte, kann montags ab 19.30 Uhr im Gerätehaus am Lindenplatz in Mechtersheim vorbeischauen.
Quelle
Ausgabe
Die Rheinpfalz Speyerer Rundschau – Nr. 2
Datum
Freitag, den 3. Januar 2025
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